Dienten Kunstbücher in den 60er und 70er Jahren Künstlern verstärkt als Experimentierfeld, so flaute die Produktion in den 80er Jahren ab. Es sollte jedoch gerade einmal ein Jahrzehnt dauern und die Praxis, Bücher als künstlerisches Medium einzusetzen, erstarkte erneut. Mit dem Aufkommen des Internets erlebte das Kunstbuch eine neue, ungeahnte Blüte. Von seiner früheren Hauptaufgabe, der Vermittlerrolle von Information, befreit sind seine Gestaltungsformen im digitalen Zeitalter – nicht zuletzt dank einer breiten Palette an technischen Möglichkeiten – heute so vielfältig wie kaum zuvor. Kunstbuchmessen boomen und immer mehr Museen haben in den vergangenen Jahren verstärkt auch auf den Erwerb diverser Kunstbücher gesetzt.

Während die Periode der 60er und 70er Jahre heute jedoch weitgehend erforscht ist, harrt eine umgehende Beschäftigung der künstlerischen Buchpräsentation der 90er Jahre bis heute noch ausgiebiger institutioneller Analysen. Eine Lücke, die man derzeit in der Kunsthalle mit der Ausstellung „Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017“ schließen möchte.

Von groß bis klein – von schwarz-weiß bis bunt

Noch bis Ende Jänner laden elf Sektionen dazu ein, sich dem Phänomen Kunstbuch der letzten Jahre auf unterschiedliche Art und Weise zu nähern. Die Palette reicht von Talks mit Künstlern, die zentrale Projekte vorstellen, über Diskussionsrunden zur Beziehung zwischen Künstler und Verleger bis hin zur Buch-Installation im ehemaligen Franz West-Studio und einem Rundgang zu ausgewählten Publikationen im auffällig gestalteten Ausstellungsdisplay.
Auf roten Ziegeldächern, die als Präsentationsfläche dienen, wurde zudem eine eigene Abteilung mit Zeitschriften zusammengestellt. Geht es um das Thema künstlerische Publikationen, ein nicht zu unterschätzender Faktor: Stellen doch Zeitschriften für Künstler eine Gelegenheit dar die Reichweite zu erhöhen und ihre Arbeiten näher an die Leute heranzutragen.

Auf der anderen Seite profitieren Zeitschriften durch das Irritationsmoment, das viele Künstler durch ihre Arbeit erzeugen. So setzte man beim „profil“ in der Vergangenheit neben der normalen Ausgabe auch auf eine Version ohne Text, während das „Artforum“ zwei unterschiedliche – nur leicht voneinander abweichende – Covers publizierte und so einen höheren Sammlerwert generierte. Das „frieze“ Magazin druckte gleich vier unterschiedliche Versionen – je eine Version in einer anderen Druckfarbe.

Aufzutreiben seien diese Publikationen, trotz ihrer zum Teil hohen Auflagen, im Nachhinein jedoch nicht immer leicht, betont der Schweizer Sammler Christoph Schifferli. Schifferli ist einer von mehreren Kuratoren, die für die Ausstellung gewonnen werden konnten. Eingeladen wurde unter anderem auch die Autorin und Kuratorin Filipa Ramos eine Sektion zu gestalten. Für die Besucher warf sie einen Blick auf von Künstlern gestaltete und selbstpublizierte Zeitschriften und Bücher. Der Verleger Gregorio Magnani stellte einen bookshop zusammen. Alle hier ausgewählten Bücher sind Einzelstücke, und können von den Besuchern nicht nur durchblättert, sondern auch käuflich erworben werden. Die Preisgestaltung erstreckt sich von moderaten 10 bis 350 Euro – die Größe der Sammlerstücke reicht von ein paar Zentimeter bis hin zu einem Meter. Der Heimtransport von letzterem wäre wahrscheinlich ein eigenes Kunstprojekt in Form eines Fotobandes wert.

FAQ, Le Dictateur, 2016, Foto: Kunsthalle Wien 2017

FAQ, Le Dictateur, 2016, Foto: Kunsthalle Wien 2017

Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017
Noch bis 28. Jänner 2017
Kunsthalle Wien
Museumsquartier
Museumsplatz 1
1070 Wien
Öffnungszeiten: Täglich 11 – 19 Uhr, Do 11 – 21 Uhr
www.kunsthallewien.at

Geschrieben von Sandra Schäfer